Erkenntnisse jahrelanger Aufbereitung von Luxustaschen
Wir restaurieren wöchentlich in unserer Werkstatt die unterschiedlichsten Luxus-Taschen – von Chanel, Hermès, Louis Vuitton bis Prada – in allen Altersstufen und Zuständen. Dadurch wissen wir genau, welche Reparaturen aufwendiger sind und welche Leder länger ästhetisch schön bleiben.
Das bedeutet nicht, dass bestimmte Materialien oder Designs schlechter sind – unser Blickwinkel ist rein restauratorisch und berücksichtigt keine Trends oder modische Vorlieben.
1. Geprägtes Leder vs. Glattes Leder
Leder kann eine natürliche oder künstlich geprägte Maserung haben. Typische Beispiele für gemasertes Leder sind zB. „shrunken calf“ wie Togo (Hermès) oder geprägte Muster wie Epsom (Prada). Eine Maserung hat den Vorteil, dass Kratzer weniger sichtbar sind. Allerdings gibt es einen entscheidenden Nachteil: Wenn die Maserung an viel beanspruchten Stellen – wie den Ecken – abgenutzt wird oder durch Kratzer beschädigt, kann sie nicht wiederhergestellt werden. Bei glatten Leder kann man diese Stellen auffüllen und neu beschichten. Bei gemaserten Ledern bleiben diese Stellen meist glatt.
Glattes Leder hingegen zeigt Kratzer schneller, ist aber wie erwähnt oft deutlich einfacher zu restaurieren, da es bei einer Aufarbeitung gleichmäßig neu beschichtet werden kann.
Besonders empfindlich und schwer umzufärben ist Lackleder. Außerdem kann es mit der Zeit „anlaufen“. Für ein Investmentpiece das eventuell vererbar ist, raten wir von Lackleder ab. Ähnlich verhält es sich mit Box Calf. Das Leder ist sicherlich eines der besondersten Leder und wer es gerne mit etwas Glanz mag, wird Boxkalb lieben. Das Leder im Original ist nicht durchgefärbt, dh de Schnittkante ist leicht weißlich. Dementsprrechend kommt die helle Farbe auch bei Abwetzungen gerne mal durch. Der Glanz und Stil der Beschichtung vermitteln der Tasche einen wahnsinnige Tiefe, die bei einer Neubeschichtung oder Nachfärbung schwer imitiert werden kann.
2. Helle vs. Dunkle Farben

Dunkle Farben sind generell weniger empfindlich gegenüber Schmutz oder Sonne und lassen sich leichter auffrischen. Falls eine Tasche neu gefärbt werden muss, sind dunkle Farbtöne einfacher zu mischen und anzugleichen.
Wer sich jedoch die Option offenhalten möchte, seine Tasche später umfärben zu lassen oder eine individuelle Farbe zu wählen, sollte eher zu einer hellen Tasche greifen. Helle Farben lassen sich leichter in andere Töne umwandeln – umgekehrt ist es schwieriger bzw. erfordert mehr Schichten und kann so dann oft plastiziert wirken.
3. Nähte und genähte Rastersysteme
- Nähte: Besonders helle Kontrastnähte können mit der Zeit schmutzig wirken. Falls eine Tasche neu beschichtet wird, müssen die Nähte einzeln abgeklebt werden, damit sie ihre ursprüngliche Farbe behalten während das Leder gefärbt wird – das erhöht die Restaurationskosten weil ein wesentlicher Mehrwaufwand dadurch entsteht und Risiko für Fehler sein kann. Denn ist ein Stück Naht einmal gefärbt bekommt man es meist nicht wieder auf die Ursprungsfarbe zurück.


- Genähte Muster: Klassische Beispiele sind gesteppte Chanel-Taschen. Durch die vielen Nahtlinien haben diese Taschen besonders viele Angriffsflächen, an denen die Nähte durchreiben können. Bei einer Restaurierung kann man nicht die gesamte Fläche großflächig bearbeiten, sondern muss Quadrat für Quadrat einzeln aufarbeiten. Da oft mit feinem Schleifpapier gearbeitet wird, um die Oberfläche für eine neue Farbschicht vorzubereiten, macht dies eine Restaurierung aufwendiger und teurer und wird oft von ungeübten RestaurateurInnene übersehen. Da die Nähte auch in die Ecken laufen, dort abr in der Nutzung am meisten Reibung ist, kann auch die Naht leichter kaputt gehen.
4. Reißverschlüsse und Metallteile
Reißverschlüsse sind mechanische Bauteile, die mit der Zeit verschleißen. Eine Tasche ohne viel Metall ist meist langlebiger, da weniger potenzielle Schwachstellen vorhanden sind oder Abfärbungen stattfinden können. Sollte ein Reißverschluss kaputtgehen, ist der Austausch oft aufwendig, da die Tasche teilweise stark zerlegt werden muss. Achte bei Reißverschlüssen darauf, dass das Verhältnis der Zahnbreite zur Taschenform passen, zB. ein breiter Reißverschluss auf einer Tasche mit viel Bewegung oder einer sehr steifen Tasche kann auf Dauer zu Problem führen. Ebenso ist ein Metallreißverschluss langlebiger als ein Plastikreißverschluss. Wenn die Tasche allerdings sehr stark in Bewegung ist oder der Reißverschluss über viele Ecken geht, ist Plastik flexibler.
Bei Metallteilen gilt: Messing ist das Minimum, Edelstahl ist besser, sowie Edelstahl als Grundmaterial das dann zB. titan- oder silberschichtet ist, und am besten sind Edelmetalle wie echtes Gold. Hochwertigere Metalle sind nicht nur langlebiger, sondern laufen auch weniger an und bruchsicherer. Sie färben auch nicht auf das Leder ab. Halte Abstand von zinklegerten Metallteilen.
Achte darauf dass Metallteile abnehmbar sind, zB. das Chanelzeichen am Verschluss ist nicht innen verbaut sondern hat hinten Schrauben, sodass es zum neuevergolden oder während einer Lederbeschichtung abnehmbar ist.
5. Offenporiges (Anilin-)Leder vs. Beschichtetes Leder
Offenporiges Leder wie Vachetta (Louis Vuitton) oder Rauleder ist unbehandelt und nimmt Feuchtigkeit, Pflegeprodukte und Schmutz stärker auf. Regentropfen können Flecken hinterlassen, und auch Lederpflege kann die Farbe verändern. Allerdings entwickelt sich mit der Zeit eine Patina, die viele Liebhaber als besonderen Charme sehen. Falls sich das Material (zB. es wird speckig) oder die Farbe einmal verändert, ist dies meist nicht mehr rückführbar in den Ursprungszustand. Solltest du dennoch zu einer solchen Tasche greifen, imprägnieren wir sie dir gerne.
Beschichtetes Leder ist meist chromgegerbt und oft mit einer geprägten Maserung versehen (z. B. Epsom von Prada). Dieses Leder ist robuster gegen Feuchtigkeit und verändert sich kaum im Laufe der Zeit. Allerdings ist es auch weniger „lebendig“ als offenporiges Leder und Patina bildet sich nicht. Allerdings kann zu stark beschichtetes Leder besonders bei billigeren Taschen die oberste Schicht verlieren. Das können wir aber in der Restauration nachbilden.
6. Lederstärke: Rindsleder vs. Lammleder
Die Lederstärke spielt eine große Rolle bei der Langlebigkeit. Rindsleder ist dicker und robuster, wohingegen Lammleder besonders weich und geschmeidig ist.
Ein klassisches Beispiel sind Chanel-Taschen aus Lammleder – sie fühlen sich luxuriös an, sind aber anfälliger für Kratzer und Abrieb. Rindsleder ist widerstandsfähiger, aber oft auch steifer.
7. Leder vs. Canvas & Stoff
Leder verändert sich mit der Zeit, kann sich dehnen und entwickelt Patina. Kleine Schäden wie Risse oder Löcher lassen sich oft mit Flüssigleder reparieren.
Plastikbasierte Materialien wie beschichteter Canvas (z. B. Louis Vuitton Monogram-Canvas) reißen oft unvorhersehbar und lassen sich kaum restaurieren. Stofffutter, besonders in Reißverschlusstaschen, ist oft dünn und anfällig für Risse. Robuster sind Leder- oder Canvas-Innenfutter.
8. Pflege: So bleibt die Tasche lange schön
Die richtige Pflege ist entscheidend für die Langlebigkeit einer Tasche:
✅ Regelmäßig mit passenden Pflegeprodukten behandeln, um das Leder geschmeidig zu halten, sodass es nicht austrocknet und reißt. Bitte verwende keine Bürsten oder kratzigen Materialien. Am besten sind weiche Schwämme. Du kannst hierzu unseren Artikel zu dem Thema lesen.
✅ Vor der Pflege das Leder mit einem leicht feuchten Tuch reinigen (außer bei empfindlichem Leder wie Vachetta oder Rauleder), um nicht Staub mit Fett mit in das Gewebe zu reiben.
✅ Rechtzeitig kleine Schäden beheben lassen, bevor sie größer werden.
Wichtiger Hinweis:
Bei hartnäckigen Schäden oder Farbverlusten sollte man sich an einen Profi wenden. Experimente mit Schuhcreme oder Stofffarben können das Problem verschlimmern und eine spätere Restaurierung erschweren.
👉 Ein ausführlicher Blogbeitrag zur richtigen Pflege folgt bald!
Unser Fazit – und wann wir helfen können
Jede Vintage-Tasche hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Unser Ziel ist es, dir eine Orientierung zu geben, welche Aspekte bei der Auswahl eine Rolle spielen können – aus Sicht einer Restaurateurin, die langfristige Schönheit und Reparierbarkeit im Blick hat.
Falls du dir unsicher bist, in welchem Zustand eine Tasche ist oder ob sich eine Aufarbeitung lohnt bevor du sie kaufst kontaktiere uns gerne! Wir geben dir eine fachkundige und kostenfreie Einschätzung zum Zustand und zu den Restaurationsmöglichkeiten. 😊